Vor meiner Schwangerschaft kannte ich das Konzept eines Geburtshauses nicht so richtig. Ich dachte, als Schwangere geht man eben in eine Klinik und Hausgeburten machen nur Frauen, die ganz alternativ drauf sind. Als ich zu Beginn der Schwangerschaft nach einer Nachsorge-Hebamme und Geburtsvorbereitungskursen recherchiert habe, bin ich schnell auf HypnoBirthing gestoßen. Das Konzept sagte mir intuitiv zu, vor allem weil ich in anderen Situationen bereits gute Erfahrungen mit Entspannungs- und Atemtechniken gemacht habe. Außerdem fand ich toll, dass der Partner in die Vorbereitungen so stark involviert wird. Ohne lange zu überlegen, meldeten wir uns also im Kurs von Yvonne an und stießen so auch auf das Geburtshaus Idstein. Zunächst war ich unsicher, ob dieser Ort mir als eher ängstliche Person die Sicherheit geben könnte, die ich mir für die Geburt wünschte.
Nach dem digitalen Info-Abend mit Angelika und vielen Gesprächen mit meinem Partner Manuel war ich immer überzeugter davon, dass unser Kind im Geburtshaus zur Welt kommen soll. Einige eher negative Geburtserfahrungen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis hatten mein Bild von Geburten geprägt und besonders machten mir der Kontrollverlust, das Ausgeliefertsein und die teils schwierige Betreuungslage in Krankenhäusern Sorgen.
Wir bekamen einen Platz auf der Warteliste und Ende Dezember stand das Anamnesegespräch an. Ich war von der familiären Atmosphäre des gemütlichen Fachwerkhauses begeistert und fand es erstaunlich, wie viel Zeit sich Susanne für das Gespräch nahm, welche Fragen sie mir stellte und wie ganzheitlich sie mich und meine Schwangerschaft betrachtete.
Ich entschied mich dafür, die Vorsorgen im Wechsel im Geburtshaus und bei meiner Gynäkologin in Mainz zu machen. Nach und nach alle Hebammen des Geburtshauses kennenzulernen, war eine schöne Erfahrung und die Vorsorgetermine liefen jeweils deutlich entspannter und persönlicher ab, als in einer Arztpraxis.
Mittlerweile hatte auch der HypnoBirthing-Kurs begonnen und mit jedem Termin waren Manuel und ich uns sicherer, dass eine natürliche Geburt im Geburtshaus genau das Richtige für uns ist und dass ich mich getäuscht hatte in dem, was ich vor meiner Schwangerschaft für eine „sichere“ Geburt hielt. Dementsprechend glücklich waren wir auch, als wir erfuhren, dass wir von der Warteliste auf die „richtige“ Liste gerutscht waren.
Der errechnete Geburtstermin rückte immer näher, wir übten regelmäßig die Entspannungs- und Atemtechniken, ich wiederholte meine Affirmationen und platzierte Visualisierungen in der Wohnung. Manuel und ich sprachen viel darüber, was wir uns für die Geburt wünschen, welche Bedenken wir für die Zeit danach hatten und merkten, wie uns die gemeinsame Vorbereitung als Paar stärkte.
Ab etwa 4-5 Wochen vor dem errechneten Termin fing ich an, erste Übungswellen zu spüren und die Hebammen bestätigten, dass sich das Baby langsam Richtung Becken bewegte und gaben mir Tipps, wie ich meinen Körper dabei noch besser unterstützen konnte. Am ET selbst war ich zur Vorsorge bei meiner Gynäkologin, die ertastete, dass das Köpfchen nun schon tief im Becken saß und der Gebärmutterhals bereits verstrichen war – es konnte also nicht mehr lange dauern. Zwei Nächte lang bemerkte ich nun intensivere Übungswellen, die tagsüber aber nicht mehr so deutlich spürbar waren. Zwei Tage nach dem ET ging ich zur Terminkontrolle ins Geburtshaus und Katrina und Olivia nahmen sich viel Zeit, ertasteten liebevoll das Baby und besprachen meine Geburtswünsche mit mir. Mit einem „vielleicht sehen wir uns heute Nacht“ und viel Vorfreude verabschiedeten wir uns. Am Nachmittag fingen dann deutlichere Wellen an und ich legte mich mit Tee und einer Wärmflasche aufs Sofa. Am Abend spürte ich schon eine gewisse Regelmäßigkeit und behielt die Uhr im Auge, um die Abstände der Wellen zu messen. Die Abstände wurden sehr schnell viel kürzer und ich entschied mich für eine warme Dusche, um zu sehen, ob es dabei bleibt. Unter der Dusche wurden die Wellen noch stärker und häufiger und wir machten uns bereit, um bald loszufahren. Ich rief Katrina an, da ich unsicher war, ob wir uns schon auf den Weg machen sollten. Da die Wellen sich noch gut aushalten ließen und meine Fruchtblase noch intakt war, blieben wir noch zuhause und ich wandte die Atemtechniken aus dem HypnoBirthing-Kurs an. Nach etwa einer Stunde hatte ich das Gefühl, meine Fruchtblase habe sich geöffnet und ich merkte, dass ich gerne ins Geburtshaus fahren wollte. Wir verabredeten uns mit Katrina, Manuel packte unsere Sachen ins Auto und wir fuhren los. Die Autofahrt war sehr unangenehm für mich, da ich mich nicht bewegen konnte, wie ich es gerne gemacht hätte und jedes kleinste Ruckeln gestört hat. Ich versuchte, mich auf meine Entspannung und meinen Atem zu konzentrieren.
Kurz bevor wir in Idstein ankamen, fragte ich Manuel, ob er auch Handtücher und Bettwäsche für das Bett im Geburtshaus eingepackt hatte und er verneinte überrascht. Im Geburtshaus angekommen, erwartete uns Katrina, die das Zimmer schon vorbereitet und Kerzen angezündet hatte. Mittlerweile waren die Wellen immer stärker und häufiger geworden und ich konnte nicht mehr ohne Weiteres sprechen oder stehen. Trotzdem war ich überzeugt davon, dass es bis zur Geburt sicher noch einige Stunden dauern würde und so schickte ich Manuel nochmal nach Hause, um die vergessenen Sachen zu holen.
Währenddessen hörte Katrina die Herztöne des Babys ab und fragte, ob sie meinen Muttermund ertasten dürfe. Vorher wollte ich nochmal zu Toilette gehen und bemerkte dort stärkere Wellen, die plötzlich mit einem heftigen Druck nach unten einhergingen. Ich hatte das Gefühl, ich könne nicht mehr aufstehen und zum Glück kamen Katrina und Olivia zu mir und redeten mir gut zu. Nach einiger Zeit schafften wir es, mich von der Toilette in die Geburtswanne zu bugsieren. Das warme Wasser war sehr angenehm und ich nahm intuitiv eine Position auf den Knien ein und hielt mich am Rand der Wanne fest. Ich bekam nicht mehr viel davon mit, was um mich herum geschah, so sehr war ich in einer Art Trance und bei der unbeschreiblichen Kraft der Wellen, die sich durch meinen ganzen Körper bewegten. Der Druck nach unten wurde immer stärker und ich spürte, wie sich das Baby weiter durch mein Becken schob, ohne dass ich den Drang hatte zu Pressen. Katrina stand hinter mir, bestärkte mich mit ihren Worten und ihrer Präsenz und erinnerte mich immer wieder daran zu atmen. Irgendwann hörte ich Katrina sagen, dass es nicht mehr lange dauere und Olivia rief Manuel an, der noch unterwegs war. Ich hatte ganz vergessen, dass er nicht da war.
Wenig später spürte ich ein starkes Brennen und ich konnte den Kopf des Babys ertasten. Kurz darauf wurde sie in die Wanne geboren und ich sah, wie unter Wasser zwei riesige dunkle Augen zum Vorschein kamen. Total überwältigt nahm ich Pippa hoch und legte sie auf mich. Plötzlich hörte ich ein Auto vor dem Fenster und fragte: „Ist das Manuel?“ und eine Minute nach der Geburt kam er wieder ins Geburtszimmer. Während der etwa 1,5 Stunden (?), die ich ohne ihn im Geburtshaus war, hatte ich nie das Gefühl ihn zu „brauchen“, so sehr war ich bei mir und so sehr fühlte ich mich dort gut aufgehoben. Es tat mir leid für ihn, dass er den Moment der Geburt so knapp verpasst hatte, aber im Nachhinein kamen wir beide zur Erkenntnis und Akzeptanz, dass die Geburt so wie sie verlief, genau richtig war. Wenn ich nicht mit den Hebammen hätte alleine sein wollen, hätte ich Manuel auch wahrscheinlich nicht nochmal weggeschickt.
Kurze Zeit später zogen wir von der Wanne ins Bett und hatten viel Zeit und Ruhe, um uns kennenzulernen. Pippa war hellwach und blickte neugierig herum. Olivia half uns beim ersten Anlegen und erklärte alles liebevoll. Manuel schnitt die Nabelschnur durch und ich merkte, dass die Plazenta geboren werden wollte. Katrina und Anna gaben mir tolle Hilfestellungen und Tipps; bei allem warteten sie auf mein Einverständnis und konfrontierten mich nie mit Anweisungen. Alle Untersuchungen waren sehr respektvoll und vorsichtig und glücklicherweise hatte ich trotz der schnellen Geburt keine Verletzungen. Nachdem Pippa von Anna und Manuel untersucht und angezogen worden war, der Papierkram erledigt und ich wieder auf den Beinen war, machten wir uns auf den Weg nach Hause. Pippa schlief tief und fest und wir drei waren überglücklich!
Ich habe die Geburt als überwältigend, anstrengend und schön empfunden, vor allem aber als Empowerment. Nie werde ich vergessen, was Katrina direkt nach der Geburt zu mir sagte: „Jetzt kann dir nie wieder jemand sagen, dass du etwas nicht kannst!“
Ich danke dem ganzen Hebammen-Team des Geburtshauses für die wundervolle und einzigartige Betreuung. Für uns war es die beste Entscheidung, die wir hätten treffen können.